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Verkehrsflächenoptimierung durch dynamische Schleppkurvensimulation

Die Problematik ist jedem Autofahrer bekannt: Bei der Kurvenfahrt benötigt man Platz. Der Überhang des Fahrzeugs vor der Vorderachse und am Heck ragt bei der Kurvenfahrt über den Bereich, der von den Rädern überrollt wird, hinaus. Der Fachbegriff für die Fläche, die für die Kurvenfahrt benötigt wird, heißt „Schleppkurve“. Die Schleppkurve stellt den gesamten bei der Kurvenfahrt überstrichenen Bereich dar.

Die Größe der Schleppkurve ist abhängig von der Geometrie des jeweiligen Fahrzeugs, der Größe der Richtungsänderung bei der Kurvenfahrt, dem Kurvenradius und der Fahrgeschwindigkeit. Fahrzeuge mit langen Radständen und großen Überhängen überschleppen größere Bereiche als wendige Fahrzeuge mit kleinen Radständen und kurzen Überhängen. Für den PKW-Fahrer wird die Problematik der Schleppkurve z. B. besonders bei der Nutzung von Parkhäusern deutlich, für den Fahrer von Nutzfahrzeugen ist dies tägliches Brot.

Als Planungshilfe für die Gestaltung von Kurvenbereichen stellen die Regelwerke Musterschleppkurven zur Verfügung. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Schleppkurvensammlung der FGSV („Bemessungsfahrzeuge und Schleppkurven zur Überprüfung der Befahrbarkeit von Verkehrsflächen, Ausgabe 2001“, aufgestellt durch die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen) genannt. Ein Nachteil dieser Schleppkurvensammlungen ist, dass diese „statisch“ sind, also jeweils die Schleppkurve für einen Bogen darstellen. Die Abwinklung ist zwar stufenweise variabel, der Kurvenradius und die jeweilige Fahrzeuggeometrie aber fest.

Für viele Fälle sind die Musterschleppkurven sicherlich ausreichend. Wird die Verkehrssituation wegen der anliegenden Nutzungen oder der mangelnden Flächenverfügbarkeit schwieriger oder hat man Bemessungsfahrzeuge mit speziellen Geometrien, ist die dynamische Schleppkurvensimulation ein gutes Hilfsmittel zur Optimierung. Bei der dynamischen Schleppkurvensimulation können folgende Parameter berücksichtigt werden:

Mehrfache Richtungswechsel

Das Fahrzeug kann an einer vorgegebenen Linie entlanggeführt werden. Dies kann z. B eine gerechnete Achse aus der Straßenbauplanung sein. Alternativ kann man das Fahrzeug auch von Hand führen. Dies hilft i. d. R. bei der Optimierung von Verkehrsflächen, da man verschiedene Möglichkeiten der Flächenausnutzung praxisnah auf dem Bildschirm simulieren kann.

Fahrzeugtyp und -geometrie

Die für eine Schleppkurve benötigte Fläche hängt wesentlich von der Geometrie des entsprechenden Fahrzeuges ab. Das von der PE Becker eingesetzte Programm zur Schleppkurven-

simulation stellt die Standardfahrzeuge, die auch in den Vorschriften zugrunde gelegt werden, zur Verfügung. Darüber hinaus können Fahrzeuge frei definiert werden. Die dabei einzugebenden Parameter sind z. B. der Radstand der Fahrzeuge, die Überhänge vorne und hinten, die Fahrzeugbreiten und die Wendekreisradien. Zugfahrzeuge und Anhänger bzw. Auflieger werden dabei separat definiert. Um möglichst realitätsnahe Ergebnisse zu erhalten, hat die PE Becker GmbH z. B. die Details zu den Aufliegern, die überwiegend durch die Gesellschaften der ALDI-Süd-Gruppe eingesetzt werden, anlässlich eines Werksbesuchs mit den Mitarbeitern der Fa. Karosseriewerk Heinrich Meyer in Göttingen besprochen und für den Einsatz bei der Schleppkurvenberechnung umgesetzt.

Fahrweise

Nicht zuletzt ist die erforderliche Fläche für eine Schleppkurve auch von der Fahrgeschwindigkeit abhängig. Auch hier können die Unterschiede bei der Schleppkurvensimulation berücksichtigt werden, z. B. durch die Fahrweise „mit maximaler Einlenkung aus dem Stillstand starten“ oder „gleichmäßig zu- oder abnehmender Lenkeinschlag“.

Mit dem von der PE Becker GmbH zur dynamischen Schleppkurvensimulation eingesetzten Programm lassen sich sehr praxisnahe Ergebnisse erzielen. Bereits mehrfach haben wir für Kunden bei grenzwertigen Verkehrssituationen zur Vorab-Kontrolle die Geometrie der entsprechenden Verkehrsfläche und die dazu ermittelte Schleppkurve für einen 1:1-Versuch auf eine verfügbare Freifläche übertragen und den ermittelten Fahrweg mit einem entsprechenden Fahrzeug abgefahren. Dabei hat sich gezeigt, dass die tatsächlichen Schleppkurven nur minimal von den Simulationsergebnissen abweichen.

Andreas Göttgens, Dipl.-Ing.