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Ländliches Wegenetzkonzept

Jede Kommune hat die Aufgabe ihre Wege, auch die Wirtschaftswege, in einem angemessenen Umfang zu unterhalten. Insbesondere für die ländlichen Wege, die eine vielfältige Funktion erfüllen, ist dies eine schwierige Aufgabe. Die Klassische Funktion der ländlichen Wege ist die Erschließung von landund forstwirtschaftlichen Flächen, aber auch die Anbindung von einzelnen Wohnhäusern oder Aussiedlerhöfen. Darüber hinaus erfolgt häufig eine multifunktionale Nutzung auch zu Tourismus-, Freizeit- und Erholungszwecken, ergänzt durch linienhafte Landschaftselemente, die in der Randvegetation mit Hecken, Bäumen und auch Ackerlandstreifen die Kulturlandschaft beleben.

Da die heutigen Wegenetze bereits vor etlichen Jahren auf die damaligen Besitz- und Bewirtschaftungsverhältnisse angelegt worden sind, werden sie den heutigen Anforderungen häufig nicht mehr gerecht. Nicht nur durch die Änderung der Betriebsgrößen, sondern auch durch die Änderung der Besitzverhältnisse und Produktionsweisen haben die Land- und Forstmaschinen im Laufe der Zeit wesentlich an Größe gewonnen.

Auch die Nutzung als Rad- und Wanderwege hat in der ländlich geprägten Region immer mehr an Bedeutung zugenommen. Vorhabenträger der erneuerbaren Energien sind ebenfalls ein neuer Nutzerkreis. Ein Konzept für ein zukunftsfähiges und bedarfsgerechtes Wegenetz muss an diesen Randbedingungen orientiert sein sowie die verkehrlichen Bedeutungen und die Naturund Landschaftselemente berücksichtigen.

Wichtige Leitfragen sind dabei:
Welche Wege:

  • sind vorhanden und werden wie genutzt?
  • werden zukünftig noch benötigt?
  • können ggfs. entfallen?
  • sind zu ertüchtigen?
  • können zukünftig im technischen Standard gesenkt werden?
  • können ggfs. privatisiert werden?

Die Erstellung eines ländlichen Wegenetzkonzeptes ist ein förderfähige Maßnahme nach der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendung zur Förderung einer integrierter ländlichen Entwicklung“ vom 26.01.2016 in Verbindung mit dem „Leitfaden zur Erarbeitung ländlicher Wegenetzkonzepte“ in der Fassung vom 13.06.2017. Der Leitfaden gibt den Prozess der Erarbeitung des Wirtschaftswegekonzeptes mit einer Bestandsanalyse und nachfolgender Erstellung eines SOLL-Konzeptes vor.

Bei der Bestandsanlayse wird das vorhandene Wegenetz nach verschiedenen Beurteilungskriterien analysiert und bewertet. Im Anschluss werden die Wege nach den vorgegebenen Kategorien eingestuft:

  • Kategorie A = klassifiziertes Straßennetz inkl. Gemeindestraßen
  • Kategorie B = Multifunktionale Wege
  • Kategorie C = Wege zur Sicherstellung der luf-Verbindungen oder Erschließung ganzer Bewirt- schaftungsblöcke
  • Kategorie D = Untergeordnete Wege mit Bedeutung für Fußgänger
  • Kategorie E = Wege mit untergeordneter Erschließungsfunktion
  • Kategorie F = Erschließungswege, die Einzelinteressen dienen
  • Kategorie G = im Netzzusammenhang weniger wichtige Wege
  • Kategorie H = nicht mehr vorhandene oder genutzte Wege
  • Kategorie I = reine Fuß- Reit- bzw. Radwege

Nach der Bestandsanalyse ist für eine zukünftige Situation die Erarbeitung eines SOLL-Konzeptes erforderlich. Vor dem Hintergrund, dass ein Großteil der Wege nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht, sind dabei, die aktuellen Bedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen zu berücksichtigen. Wegen des zukünftigen Unterhalts ist es wichtig, im SOLL-Konzept zu ermitteln, wo gegebenenfalls Einsparmöglichkeiten vorhanden sind. Für das SOLL-Konzept ist zu prüfen, ob die Wegekategorie aus der Bestandsanalyse erhalten bleibt oder ggf. zu ändern ist. Im Zuge des SOLL-Konzeptes sind darüber hinaus Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. Diese Handlungsempfehlungen können sein:

  • Erhaltung wie Bestand (normale Unterhaltung)
  • Den Unterbau einschließende Sanierung (gleiche Kategorie)
  • Umbau/andere Bauweise (veränderte Kategorie)
  • Rückbau/Aufhebung
  • Neubau (neue Trasse)

Des Weiteren ist jede Handlungsempfehlung in zweckmäßige und zielgerichtete Umsetzungszeiträume einzuordnen, z.B.:

  • Kurzfristig – ca. 5 Jahre
  • Mittelfristig – ca. 5 – 15 Jahre
  • Langfristig – ca. 15 – 25 Jahre

Ein wichtiges Element in der gesamten Erstellung des ländlichen Wegenetzkonzepts ist die Einbeziehung der unterschiedlichen Akteure, die Beteiligung der Bürger sowie der interaktive Entwicklungsprozess in der Gruppe von Nutzern der Wege, die mit den Ortskenntnissen dabei wertvolle Informationen zur EinstuFortsetzung von Seite 1 Ausgabe 01 / 2018 fung geben. Dazu wird eine Projektgruppe gebildet, die sich aus Vertretern der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, des Natur- und Landschaftsschutzes, des Tourismus, der Politik und der Verwaltung und Bezirksregierung zusammensetzt.

Die Beteiligung der Bürger wird über Workshops und öffentliche Veranstaltungen sichergestellt. Dabei sind nicht nur die Ergebnisse vorzustellen und zu erörtern, sondern konstruktiv an den Analyseergebnissen und Entwürfen des SOLL-Konzeptes zu arbeiten. Am Ende der Erarbeitung des ländlichen Wegenetzkonzeptes steht der Abschlussbericht mit entsprechenden Handlungsoptionen sowie eine Abschlussveranstaltung, die den Bürgern und allen Projektbeteiligten das Endergebnis präsentiert.

Mit einem ländlichen Wegenetzkonzept kann die Kommune die Unterhaltung und Finanzierung für ihr Wegenetz schrittweise planen.

– Dipl.-Ing. Andreas Göttgens, Michael Lorse M. Eng.