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Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung

Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist ein gesetzlich geregeltes, systematisches Verfahren zur Entscheidungsvorbereitung, mit dessen Hilfe die möglichen Auswirkungen von Vorhaben und Plänen auf die Umwelt systematisch ermittelt, dargestellt und beurteilt werden. Unterschieden werden die allgemeine und die standortbezogene Vorprüfung. Die allgemeine Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 des UVPG aufgeführten Kriterien durchgeführt. Die standortbezogene Vorprüfung wird als überschlägige Prüfung in zwei Stufen durchgeführt. In der ersten Stufe prüft die zuständige Behörde, ob bei einem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 des UVPG aufgeführten Kriterien vorliegen. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass keine besonderen örtlichen Gegebenheiten vorliegen, so besteht keine UVP-Pflicht. Ergibt die Prüfung in der ersten Stufe, dass besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, so prüft die Behörde auf der zweiten Ebene, unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele eines Gebietes betreffen. Die UVP-Pflicht besteht, wenn für das Neuvorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde negative Umweltauswirkungen nicht ausgeschlossen werden können.

Zunächst ist jedoch zu klären, ob eine allgemeine Vorprüfung, eine standortbezogene Vorprüfung oder eine vollständige UVP durchzuführen ist. Dies ist durch Anlage 1 des UVPG geregelt und abhängig von dem Vorhabentyp und bestimmter Schwellenwerte. Demnach ist z.B. bei der Errichtung von 3 bis weniger als

6 Windenergieanlagen eine standortbezogene (S in Anlage 1) und bei 6 bis weniger als 20 Windenergieanlagen eine allgemeine Vorprüfung (A in Anlage 1) durchzuführen. Erst mit der Errichtung von 20 oder mehr Windenergieanlagen ist das Vorhaben obligatorisch UVP-pflichtig (X in Anlage 1), also eine vollständige UVP nach den Vorgaben der Anlage 4 durchzuführen.

Die zuständige Behörde stellt im Rahmen eines Screenings (=Vorprüfung) fest, ob überhaupt erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgüter Mensch, Boden, Fläche, Wasser, Luft/Klima, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt, Landschaft sowie kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter zu erwarten sind. Bei der überschlägigen Prüfung handelt es sich um eine summarische Prüfung. Daher reicht die plausible Erwartung aus, dass eine Realisierung des geplanten Vorhabens zu erheblichen, nachteiligen Umweltauswirkungen führen kann, um eine UVP-Pflicht auszulösen. Es bedarf somit keiner exakten Beweisführung.

2. Anlass der Novellierung des UVP-Gesetzes

Anlass der UVPG-Novelle ist die Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Mit Umsetzung der Richtlinie haben sich wenige grundlegende, aber zahlreiche Änderungen im Detail ergeben. So wurde der Aufbau des Gesetzes geändert (74 statt 50 Paragraphen, 6 statt bisher

4 Anlagen), eine Präzisierung unbestimmter Vorschriften vorgenommen und eine Anpassung an die aktuelle Rechtsprechung (v.a. zu Kumulierungen von Vorhaben) durchgeführt.

3. Die wichtigsten Änderungen im Detail

3.1 Kumulierung von Vorhaben

Das novellierte UVPG regelt mit den Paragraphen 10 bis 13 das Vorgehen bei einer Kumulierung von Vorhaben, wobei per Gesetz unterschieden wird zwischen der UVP-Pflicht bei hinzutretenden kumulierenden Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben abgeschlossen ist (§ 11) und solchen Vorhaben, bei denen das frühere Vorhaben sich noch im Zulassungsverfahren befindet (§ 12). Kommt es bei kumulierenden Vorhaben gemeinsam zu einem Überschreiten der X-, A- oder SSchwelle aus Anlage 1, ist wie bei einzelnen Vorhaben eine UVP, eine allgemeine oder eine standortbezogene Vorprüfung durchzuführen. Diese Regelungen zur Kumulierung sollen eine Umgehung der UVP durch die bewusste Teilung von Vorhaben verhindern (Irland-Urteil des EuGH 1999). Das Kriterium der gleichzeitigen Realisierung entfällt damit. Kumulierende Vorhaben können nunmehr gleichzeitig oder nacheinander beantragt, zugelassen oder verwirklicht werden. Nach § 10 Abs. 4 liegen kumulierende Vorhaben dann vor, wenn mehrere Vorhaben derselben Art von einem oder mehreren Vorhabenträgern durchgeführt werden und diese in einem „engen Zusammenhang“ stehen. Dabei liegt ein enger Zusammenhang vor, wenn sich der Einwirkungsbereich der Vorhaben überschneidet und die Vorhaben funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen sind. Der Paragraph 10 Abs. 4 Satz 2 UVPG ergänzt, dass technische und sonstige Anlagen zusätzlich über gemeinsame betriebliche oder bauliche Einrichtungen verbunden sein müssen, damit ein enger Zusammenhang besteht. Der funktionale und wirtschaftliche Zusammenhang liegt vor, wenn ein gemeinsamer wirtschaftlicher und betrieblicher Zweck, planvolle und koordinierte gemeinsame Abläufe und ineinandergreifende Betriebsabläufe gegeben sind (BVERWG, URTEIL VOM 17.12.2015 – 4 C 7.14). Unter der Verbindung gemeinsamer betrieblicher oder baulicher Einrichtungen versteht man z.B. gemeinsame Maschinen- und Geräteparks, gemeinsame Industrieparks sowie die gemeinsame Lagerung von Betriebsmitteln.

3.2 Neue Schutzgüter

Eine wesentliche Änderung der abzuprüfenden Schutzgüter hat mit der Novellierung des Gesetzes nicht stattgefunden. Neu zu den unter § 3 Abs. 1 des UVPG aufgeführten Schutzgütern hinzugekommen ist die Fläche, im Sinne der Flächenneuinanspruchnahme. Die Aufnahme dieses Schutzgutes geht vermutlich auch mit dem von der Bundesregierung ausgesprochenen Ziel einher, dass eine Flächenneuinanspruchnahme auf 30 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030 gesenkt werden soll. Der derzeitige Verbrauch liegt bei rund 66 Hektar die als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen werden (vgl. Abb. 2). Interessant ist allerdings, dass mit der Änderung des Bau- und Planungsrechts und der Schaffung des Paragraphen 13b „Einbeziehen von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren“ im Baugesetzbuch (siehe hierzu auch Artikel „Bauen im Außenbereich §13 b BauGB“) eine erhebliche Ausnahmeregelung und Erleichterung für den Wohnungsbau am Ortsrand durch die Bundesregierung geschaffen wurde und damit das Ziel sparsam mit Fläche umzugehen konterkariert wird. Demnach ist es für Verfahren nach 13b nicht erforderlich eine Umweltprüfung durchzuführen.

 Darüber hinaus wurde aus dem Schutzgut Kultur- und Sachgüter nunmehr kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter. Die Änderung hin zum Begriff kulturelles Erbe soll dem Schutz und der Aufwertung von Kulturerben, einschließlich urbaner historischer Stätten und Kulturlandschaften Rechnung tragen. Hierzu ist das Einbeziehen der optischen Auswirkungen von Projekten, also der Veränderung des Erscheinungsbildes oder der Ansicht der gebauten oder natürlichen Landschaft sowie städtischer Gebiete, in der Umweltverträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen.

3.3 Neue Wirkungskategorien

Mit der Änderung der Richtlinie ist in der allgemeinen Vorprüfung nun zu prüfen, inwieweit ein geplantes Vorhaben anfällig für schwere Unfälle oder Katastrophen, „einschließlich solcher, die wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge durch den Klimawandel bedingt sind“, ist und welche Auswirkungen auf die Schutzgüter daraus entstehen könnten. Es sind dabei nur schwere Unfälle oder Katastrophen zu betrachten, die für das Vorhaben auch relevant sind. In Abb. 3 ist ein Schema durchzuführender Prüfschritte als Hilfestellung dargestellt. So ist der Anstieg des Meeresspiegels also für ein Projekt in der Eifel eher zu vernachlässigen. Es ist zu berücksichtigen, inwiefern die Anfälligkeit (Gefährdung und Widerstandsfähigkeit) dieser Projekte für schwere Unfälle und/oder Katastrophen und deren Auswirkungen in Bezug zur Wahrscheinlichkeit erheblicher nachteiliger Folgen für die Umwelt gegeben ist. Zu betrachten sind in diesem Zusammenhang Wetterextreme infolge des Klimawandels

wie Stürme, Starkregen, Hitze, der Anstieg der Meeresspiegel, sowie Hochwasser oder Hangrutschungen. Das Einbeziehen dieser Wirkungskategorie soll eine Hilfestellung geben, besondere klimawandelbedingte Risiken für schwere Unfälle oder Katastrophen zu identifizieren, die zu einer Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit, des kulturellen Erbes oder der Umwelt im Allgemeinen führen und damit eine UVP auslösen könnten. Darüber hinaus sind im UVP-Bericht nach Anlage 4 Nr. 4 c gg jetzt stärker als bisher Aussagen zu tätigen, inwiefern ein geplantes Vorhaben einen Beitrag zur Verstärkung des Klimawandels, z.B. durch Art und Ausmaß der mit dem Vorhaben verbundenen Treibhausgasemissionen, leistet.

Da dieser Artikel nur einen unvollständigen Überblick über die zahlreichen Neuerungen im UVPG geben kann, stehen wir Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung.

Referenzen:

Abb. 2: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit:
https://www.bmub.bund.de/themen/ nachhaltigkeit-internationales/nachhaltige-entwicklung/strategie-und-umsetzung/reduzierung-des-flaechenverbrauchs/

Abb. 3: Bosch und Partner GmbH (2017): Überblick zum Stand der fachlich-methodischen Berücksichtigung des Klimawandels in der UVP. Umweltbundesamt [Hrsg.]. März 2017